„Die Todesstimmung ist Nonsens“ – +KNAUSS zu KI in der Kreativbranche

+KNAUSS ist eine inhabergeführte Strategie- und Kreativagentur. Im Januar hat das Team in unserem Intensivtraining zwei Tage lang die Potenziale und Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz in der Kreation und Strategie erkundet.

Für Jan Knauss, den Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter, und Louisa Früngel, Senior Art Direktorin, ist die Anwendung von Midjourney und ChatGPT nun fester Bestandteil ihres Arbeitsalltags. Im Interview erfahrt ihr, wie sie diese Tools nutzen und warum KI die Kreativbranche beflügelt, anstatt sie zu bedrohen.

Wie ging es für euch nach den zwei intensiven Trainingstagen und dem Deep-Dive in ChatGPT und Midjourney weiter?

Louisa: Wir sind tatsächlich seither wild am prompten. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht das nutzen, was ihr uns vermittelt habt. Ein super Use-Case sind Personas: Hier hatten wir immer das Problem, zu genau der Persona das richtige Bild einer realen Person zu finden. Mit Midjourney können wir uns die dann ganz einfach maßschneidern.

Ihr habt erzählt, dass ihr im Nachgang zu dem Training ein regelmäßiges Austauschformat zu KI eingerichtet habt. Was passiert da genau?

Louisa: In unserem Wee-KI-ly setzen wir uns jede Woche zusammen und sprechen darüber, wie wir mit KI arbeiten können. In unserem ersten Termin haben wir erst einmal das gesamte Wissen aus dem Training mit euch gefestigt. Generell geht es uns darum, auf dem neusten Stand zu bleiben, sei es neue Parameter in Midjourney auszutesten oder neue Tools kennenzulernen, wie aktuell Sora oder das 3D-Programm Spline. Wir stellen uns gegenseitig vor, wie wir KI in den Projekten nutzen und was dabei gut funktioniert hat.

Welches AHA-Erlebnis hattet ihr bisher in der Nutzung von Midjourney?

Louisa: Nach den ersten typischen Gehversuchen ist es für mich besonders spannend, wie ich den typischen KI-Look umgehen kann. Mich interessiert, wie ich Fehler in diese perfekten Bildwelten hineinbekomme, zum Beispiel, wie ich natürliche Haut kreiere. Was für mich gerade eine schöne Herausforderung ist, ist einen Beautyshot mit Sommersprossen und Zahnlücke zu prompten – das hat bisher noch nicht so zufriedenstellende Ergebnisse gebracht.

“Die neue Herausforderung ist, den typischen KI-Look zu umgehen.”

Louisa Früngel, Senior Art Direktorin


Und ich bin von den maßgeschneiderten GPTs von ChatGPT begeistert. Dass man ein CD-Manual hochladen und die Inhalte auf Richtigkeit überprüfen kann oder die Perspektive wechseln kann: „Stell dir vor, du bist…“ Damit ist es wesentlich einfacher, Personas zu erstellen. Wir nutzen das, um unsere Ideen zu überprüfen, indem wir imaginieren lassen, was ein Marketeer oder eine Konsumentin dazu sagen würde.

Jan: Mein großes AHA-Erlebnis geht in eine etwas andere Richtung: Dass ich das Gefühl habe, dass diese Todesstimmung in der Kreativbranche ziemlicher Nonsens ist. Dass wir Kreative nach wie vor gebraucht werden – KI-Tools bieten eine Ergänzung, aber können einen Kreativen nicht ersetzen. Technologiefortschritte sind immer mit Angst verbunden, das hat die Geschichte schon wiederholt gezeigt.

Louisa: Da stimme ich dir zu – das ist immer die erste Frage, wenn ich erzähle, dass wir den Workshop hatten und mit KI arbeiten: „Hast du keine Angst, dass dir das deinen Job wegnehmen wird?“ Diese Befürchtung habe ich überhaupt nicht.

Wie hat die Einführung von KI die Arbeitsabläufe und die Kreativität in eurer Agentur verändert?

Jan: Bei mir sind die Ansprüche gestiegen. Höhere Perfektion bei weniger Aufwand: Sowohl auf Kundenseite als auch auf Agenturseite wird sich der Anspruch stark verändern. Dennoch müssen wir aufpassen, dass der Wert von Kreation nicht gleichzeitig inflationär abnimmt, weil es eine Technologie gibt, die die Dinge schneller und einfacher macht.

Wir müssen aufpassen, dass der Wert von Kreation nicht gleichzeitig inflationär abnimmt, weil es eine Technologie gibt, die die Dinge schneller und einfacher macht.
— Jan Knauss

Louisa: Vor allem in der Konzeptphase können wir in der gleichen Zeit viel mehr Dinge ausprobieren. Wir sind freier geworden, weil wir viel mehr experimentieren können.

Gibt es Prozesse oder Projekte, bei denen es schwierig ist, mit KI zu arbeiten?

Louisa: Wir können das als KI-Tool für die Konzeptphase nutzen, aber sobald es ganz konkret um eine bestimmte Marke geht, müssen wir auch auf die herkömmlichen Tools zurückgreifen.

Wir sind freier geworden, weil wir viel mehr experimentieren können.
— Louisa Früngel

Wie sprecht ihr mit euren Kunden über die Nutzung von KI-Tools?

Jan: In der letzten Woche haben wir einem Kunden sein neues Brandbook vorgestellt – ohne es anfangs transparent zu machen, dass es sich um KI-Bilder handelt. Der Kunde war begeistert davon, dass wir KI eingesetzt haben. Auf Kundenseite sind bisher die Erwartungen noch nicht so stark gestiegen. Kund:innen sind aktuell entweder überrascht, positiv erstaunt oder voller Ehrfurcht den neuen Möglichkeiten gegenüberstehen. Viele wissen noch nicht, was für Potenziale KI hat.

Created w/ Midjourney by Louisa Früngel

Unser Ansatz ist, unsere Kunden anzuleiten und sie zu ermutigen, damit zu experimentieren.

Wenn ihr einen Blick in die KI-Zukunft eurer Agentur werft, welche Vision erscheint euch am aufregendsten oder herausforderndsten?

Louisa: Ich sehe die große Chance, dass wir kreative Konzepte unabhängiger von Raum, Budget, Zeit, umsetzen können. Dabei werden wir natürlich nicht nur mit der KI arbeiten, sondern auch zukünftig weiterhin Künstler:innen buchen. Was ich auf der ethischen Seite herausfordernd finde, sind die Fragen des Copyrights. Etwa, wenn ich den Befehl „In the Style of“ nutze: Da ich das Gefühl, die Urheberrechte des jeweiligen Künstlers, der Künstlerin zu touchieren. Allerdings kamen wir bisher gut ohne diese Referenzen aus. Sollten wir in einem Kundenprojekt so eine direkte Referenz nutzen, müssten wir schauen, wie wir intern entsprechende Richtlinien festlegen.

Jan: Unser Ziel ist es, Künstliche Intelligenz als festen Bestandteil ins Agenturleben zu integrieren. Was ich merke, ist, wie krass schnell sich das Skillset weiterentwickelt. Und zugleich steht bei uns die Idee im Vordergrund. Wir sind als klassische Top-Level-Kreationsagentur gestartet und erleben gerade einen Shift zum kreativen Allrounder. Hier kann uns die KI gerade in der Exekution sehr gut helfen. Wobei unsere Kernkompetenzen immer Kreativität und Strategie bleiben wird – unter dem Motto „Organic Ideas, digitally enhanced“.

Danke für das Gespräch!

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